Verrechnungspreise sind Transaktionspreise zwischen verbundenen Unternehmen, die nicht nur der betriebswirtschaftlichen Steuerung dienen, sondern auch die Steuerlast beeinflussen. Wir stellen die gängigen Verrechnungspreismethoden zur fremdüblichen Preisgestaltung vor, die von der OECD sowie internationalen Steuerbehörden anerkannt werden.
Rechtsgrundlage und Bedeutung
Im Bereich der internationalen Steuerpolitik spielen Verrechnungspreise eine zentrale Rolle, da sie die Preise für Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen festlegen. Dabei müssen die Verrechnungspreise in Deutschland nach § 1 Abs. 1 und 3 Außensteuergesetz (AStG) dem Fremdvergleichsgrundsatz, auch als "arm's length principle" bekannt, genügen. Die Ermittlung dieser Preise muss mithilfe anerkannter Verrechnungspreismethoden, die eine fremdübliche Preisgestaltung sicherstellen, erfolgen. Die deutsche Finanzverwaltung stellt in den Verwaltungsgrundsätzen Verrechnungspreise 2023 (BMF, Schreiben v. 6.6.2023 IV B 5 – S 1341/19/10017: 003) ihre Auslegung der zentralen Regelungen zur Bestimmung fremdvergleichskonformer Verrechnungspreise dar.
Steuern und Verrechnungspreise
Werden Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen in Betriebsprüfungen beanstandet, sind oftmals hohe Steuernachzahlungen die Folge. Im internationalen Kontext drohen dadurch gar Doppelbesteuerungen. Wenn ein die Finanzverwaltung beispielsweise feststellt, dass die Verrechnungspreise eines Konzerns einem Fremdvergleich nicht standhalten und infolgedessen Nachzahlung erforderlich sind, können die vermeintlich unangemessen verlagerten Einkünfte bereits im Ausland besteuert worden sein.
Im Rahmen der Betriebsprüfung achten Betriebsprüfer bei konzerninternen Verrechnungspreisen beispielsweise vermehrt auf Vertriebsmargen, Gewinnaufschläge von Dienstleistungen und Kostenumlagen, die Überlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern wie z. B. Rechte, Marken und Patente sowie Finanztransaktionen wie konzerninterne Darlehen, Cash-Pool-Vereinbarungen, Bürgschaften, Rangrücktrittsvereinbarungen oder Patronatserklärungen.
Um drohende Doppelbesteuerungen zu vermeiden oder den beträchtlichen Aufwand zu umgehen, der mit der Einleitung von Verständigungs- oder Schiedsverfahren verbunden ist, ist es ratsam, Verrechnungspreise im Voraus sorgfältig nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu bestimmen, unter Berücksichtigung der Vorschriften der beteiligter Länder.
BEPS – internationale Bekämpfung von Steuerlast mindernden Gewinnverlagerungen
Um internationale Standards zu harmonisieren, hat die OECD gemeinsam mit der G20 den BEPS-Aktionsplan (Base Erosion and Profit Shifting) initiiert, der in erster Linie darauf abzielt, zu verhindern, dass multinationale Unternehmen ihre Steuerlast verringern und Gewinne zwischen Ländern verschieben. Gewinnverkürzung, Gewinnverlagerung und die Vermeidung von Doppelbesteuerung werden in einem 15 Punkte umfassenden Maßnahmenpaket aufgearbeitet. Ein zentraler Bestandteil von BEPS sind die Regelungen zu Verrechnungspreisen. Die Regierungen von über 100 Staaten erkennen die Regelungen und Vorgaben an und überführen sie in nationales Recht, in Deutschland beispielsweise in den Verwaltungsgrundsätzen Verrechnungspreise des Bundesfinanzministeriums.
Die Richtlinien der OECD bekräftigen den Fremdvergleichsgrundsatz (dealing at arm’s length oder auch arm's length principle) als führenden Standard für die Festlegung von Verrechnungspreisen zwischen verbundenen Unternehmen. Die verschiedenen anerkannten Verrechnungspreismethoden haben daher gemeinsam, dass solch ein Fremdvergleich durchgeführt wird. Dabei wird grundsätzlich zwischen externem und internem Fremdvergleich unterschieden. Die Beschaffung der erforderlichen Daten für den Fremdvergleich kann schwierig sein, Datenbanken wie beispielsweise smartZebra können Abhilfe schaffen. Die Finanzverwaltung verfügt über eigene Datenbanken mit Informationen aus Betriebsprüfungen, die jedoch nicht öffentlich zugänglich sind.
Funktions- und Risikoanalyse
Welche der verfügbaren Verrechnungspreismethoden für Transaktionen anerkannt wird, hängt vor allem auch davon ab, in welcher Beziehung die Unternehmen im Konzernverbund zueinander haben. Sie werden über eine Funktions- und Risikoanalyse in unterschiedliche Unternehmenstypen klassifiziert.
Unternehmen mit einem erhöhten Risiko sollen demnach größere Gewinnbeteiligungen zustehen, jedoch im Falle von Verlusten auch die entsprechenden Verluste tragen. Diese sogenannten Strategieträger erwirtschaften das Gesamtergebnis abzüglich der Ergebnisse der sogenannten Routineunternehmen. Bei ihnen handelt es sich um funktions- und risikoarme Einheiten wie beispielsweise Lohnfertiger, konzerninterne Dienstleistungen oder Vertriebseinheiten. In Deutschland werden zudem Hybrid-Unternehmen klassifiziert, die jedoch in der internationalen Betrachtung weniger relevant sind.
Anerkannte Verrechnungspreismethoden
Als anerkannte Verrechnungspreismethoden gelten zum einen die sogenannten “geschäftsvorfallbezogenen Standardmethoden” (Preisvergleichsmethode, Wiederverkaufspreismethode und Kostenaufschlagsmethode) und zum anderen die sogenannten “geschäftsvorfallbezogenen Gewinnmethoden” (geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode und geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode).
Anstelle einer starren Hierarchie der Verrechnungspreismethoden wird bei jeder einzelnen Transaktion die "am besten geeignete Verrechnungspreismethode" angewendet, was den geschäftsvorfallbezogenen Gewinnmethoden (und damit auch Datenbankanalysen im Rahmen der geschäftsfvorfallbezogenen Netoomargenmethode, auch “TNMM” genannt) einen höheren Stellenwert verleiht, der ihrer heutigen zunehmenden praktischen Bedeutung entspricht. Bei der Anwendung dieses Konzepts müssen die Stärken und Schwächen der verschiedenen Verrechnungspreismethoden sorgfältig abgewogen werden, wobei insbesondere folgende Kriterien berücksichtigt werden:
- Die Eignung der Methode in Bezug auf den wirtschaftlichen Gehalt der internen Transaktion innerhalb des Konzerns, wie er sich insbesondere nach der Funktionsanalyse darstellt.
- Die Verfügbarkeit von ausreichend zuverlässigen Daten, insbesondere Fremdvergleichsdaten.
- Der Grad der Vergleichbarkeit zwischen der internen Transaktion im Konzern und vergleichbaren Transaktionen, nach etwaigen Anpassungsrechnungen.
1. Preisvergleichsmethode (Comparable Uncontrolled Price Method)
Bei der Preisvergleichsmethode (Comparable Uncontrolled Price Method) werden die Preise verbundener Unternehmen verglichen mit Transaktionen mit unabhängigen Dritten oder mit Preisen ähnlicher Transaktionen zwischen unabhängigen Unternehmen. Die Preisvergleichsmethode erfordert, dass eine ausreichende Vergleichbarkeit gegeben ist. Um die Fremdüblichkeit zu sichern, wird darauf geachtet, dass die verglichenen Transaktionen in Bezug auf Produkte, Dienstleistungen, Umfang, Zeitpunkt und Marktnische ähnlich sind. Diese Methode eignet sich daher besonders für homogene Warenlieferungen (beispielsweise Commodities) oder gängige Dienstleistungen.
2. Wiederverkaufspreismethode (Resale Price Method)
Die Wiederverkaufspreismethode, auch als Resale-Minus bzw. Resale-Price-Method bekannt, nutzt den Wiederverkaufspreis des verbundenen Unternehmens an unabhängige Dritte als Ausgangspunkt. Unabhängig vom Gesamtergebnis des Unternehmensverbundes wird dem verbundenen Unternehmen eine feste Rohgewinnmarge zugewiesen.
Der unternehmensinterne Verrechnungspreis wird anhand einer fremdüblichen Rohgewinnmarge festgelegt. Folglich werden die Rohgewinnmargen des verbundenen Unternehmens mit denen unabhängiger Unternehmen verglichen, um sicherzustellen, dass diese Marge des verbundenen Unternehmens im Einklang mit branchenüblichen Margen liegt. Falls der Wiederverkäufer die Ware bearbeitet, weiterentwickelt oder anderweitig verändert, können zusätzliche Abschläge erfolgen. Margen und weitere Abschläge können sowohl durch einen internen als auch externen Preisvergleich ermittelt werden. Um die Vergleichbarkeit der Abschläge sicherzustellen, sollten keine wesentlichen Unterschiede zwischen den betrachteten Transaktionen oder Unternehmen bestehen. Eine Vergleichbarkeitsanalyse basierend auf einer Funktions- und Risikoanalyse hilft bei der Argumentation. Falls keine vergleichbaren Geschäftsvorfälle vorhanden sind, können auch branchenübliche Gewinnsätze aus entsprechenden Datenbanken verwendet werden.
3. Kostenaufschlagsmethode (Cost Plus Method)
Die Kostenaufschlagsmethode erhöht die Kostenbasis des liefernden oder leistenden Unternehmens um einen betriebs- oder branchenüblichen Gewinnaufschlag. Die Methode vergleicht den angewendeten Aufschlag mit den Aufschlägen ähnlicher unabhängiger Unternehmen, um sicherzustellen, dass er fremdüblich ist. Bei fehlenden Vergleichsdaten können Datenbankanalysen herangezogen werden. Die Methode eignet sich regelmäßig für die Bepreisung konzerninterner Routinefunktionen wie Auftrags- bzw. Lohnfertigung, Auftragsforschung, und sonstige konzerninterne Dienstleistungen wie beispielsweise IT, HR oder Verwaltung.
4. Gewinnaufteilungsmethode (Profit-Split-Methode)
Die Gewinnaufteilungsmethode zielt darauf ab, den Gesamtgewinn zwischen verbundenen Unternehmen aufzuteilen, indem sie eine geeignete Gewinnaufteilungsbasis verwendet, wie beispielsweise Wertschöpfungsbeiträge, Umsatz, Vermögenswerte oder Lohn- und Gehaltskosten. Diese Methode erfordert eine genaue Analyse der betriebswirtschaftlichen Faktoren und der Funktions- und Risikoprofile der verbundenen Unternehmen. Insbesondere in Fällen, in denen jeder Beteiligte einzigartige und wertvolle Beiträge zum konzerninternen Geschäftsvorfall leistet oder in denen sich die Beteiligten in hoch integrierte Geschäftsbereiche einbringen, kann die geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode die geeignetste Methode darstellen. Dies ist oftmals bei engen und wechselseitigen Beziehungen zwischen zwei oder mehr Strategieträgern innerhalb eines Konzerns der Fall.
5. Nettomargenmethode (Transactional Net Margin Method)
Die transaktionale Nettomargenmethode (auch “TNMM” genannt) vergleicht die Nettomargen einzelner Geschäftsvorfälle mit vergleichbaren Transaktionen unabhängiger Unternehmen. Sie legt den Verrechnungspreis fest, indem sie die Nettomargen des verbundenen Unternehmens mit den Margen vergleicht, die unabhängige Unternehmen in vergleichbaren Transaktionen erzielen. Dies ermöglicht eine direkte Vergleichbarkeit der Rentabilität zwischen verbundenen und unabhängigen Unternehmen. Für die Ermittlung vergleichbarer externer Nettogewinnindikatoren (z. B. EBIT-Marge für Vertriebsgesellschaften) werden in der Regel Datenbankanalysen herangezogen.
Fazit Verrechnungspreise
Insgesamt bieten diese Verrechnungspreismethoden eine solide Grundlage für eine Verrechnungspreisermittlung, die sicherstellt, dass die Preise und Gewinne zwischen verbundenen Unternehmen im Einklang dem Fremdvergleichsgrundsatz stehen. Der Steuerpflichtige besitzt grundsätzlich die Befugnis zur Auswahl der aus seiner Sichtgeeigneten Methode zur Bestimmung des Verrechnungspreises. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Wahl der geeigneten Methode von verschiedenen Faktoren wie z.B. den Funktions- und Risikoprofilen der beteiligten Unternehmen, der Art der Transaktion, der Branche sowie den weiteren spezifischen (Markt-)Umständen der konzerninternen Transaktion abhängt.
Weiterführende Informationen rund um Verrechnungspreise
- Das Verrechnungspreise-Modul von smartZebra
- Verrechnungspreisdokumentation: Aktuelle Anforderungen, Bestandteile und Kriterien
- Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2023 des BMF
- Gesetz über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (AStG)
- OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen
- Informationen zum EU-Schiedsübereinkommen zur Beseitigung einer Doppelbesteuerung durch vorgenommenen Gewinnberichtigungen
- Advance Pricing Agreement (APA) - Handbuch für bilaterale Vorabpreisvereinbarungen zur Festlegung von akzeptierten Verrechnungspreismethoden