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Latente Steuern in der Unternehmensbewertung

Das Thema „Latente Steuern“ gehört bereits inder täglichen Praxis der Rechnungslegung selten zu den Lieblingsthemen des typischen Finance Professionals. Es wundert daher nicht, wenn im Zuge von Unternehmensbewertungen die Problematik durch den Bewerter ignoriert wird. Wann es sich trotzdem lohnt, einen Blick auf das Thema zu werfen.

Geschrieben von

Peter Schmitz

Veröffentlicht am

6.9.19

INHALTSVERZEICHNIS

Kein Cashflow, also keine Berücksichtigung der latenten Steuern?

Latente Steuern sind verborgene Steuerlasten oder Steuervorteile, die sich aufgrund von Unterschieden im Ansatz oder in der Bewertung von Vermögensgegenständen oder Schulden zwischen der Steuerbilanz und der Handels- oder IFRS-Bilanz ergeben und die sich in künftigen Geschäftsjahren wieder ausgleichen.

Erträge und Aufwendungen aus der Bildung und Auflösung der latenten Steuern sind also buchhalterischer Natur, die durch das angewandte externe Rechnungswesen jeweils relativ zur Steuerbilanz gebildet werden. Zumindest in alle Cashflow-basierten Verfahren scheint es so, als ob der Bewerter diese Buchungen daher vernachlässigen kann. Der nachfolgende Artikel stellt heraus, dass dies keineswegs der Fall ist und eine Beschäftigung mit dem Thema durchaus anzeigt ist.

Ursachen latenter Steuern: Verlustvorträge vs. „temporäre Differenzen“

Das klassische Fall „temporärer Differenzen“ resultiert aus zeitlich beschränkten, unterschiedlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften in Steuer- und Handelsbilanz, z.B. durch Nutzung von Wahlrechten. Bereits für den Fall temporärer Differenzen lassen sich grundsätzlich zwei Szenarien unterscheiden. hinzu kommen Latenzen aufgrund von Verlustvorträgen.

  1. Das Unternehmen generiert unregelmäßig und unsystematisch temporäre Differenzen: Der Begriff soll hier einen Fall beschreiben, in dem in dem betreffenden Unternehmen immer mal wieder Latenzen entstehen, jedoch sowohl auf der Aktiv- als auch auf der Passivseite und das Unternehmen deren Entstehung steuern kann noch das eine Beziehung zur Art des Geschäftsmodell besteht.
  2. Das Unternehmen bildet systematisch temporäre Differenzen auf einer Seite der Bilanz: Etwas anderer Natur ist eine aktive latente Steuer aufgrund steuerlicher Verlustvorträge. Dies wird im einfachen Fall eines Unternehmens klar, das steuerlich und handelsrechtlich gleich bilanziert und Verluste macht. Die aktive latente Steuer entsteht hier – soweit sie denn bilanziert werden darf – aus den erwarteten Steuerersparnissen, die nicht aus bilanziellen Wahlrechten entsteht, sondern aus einer Rückkehr in die Gewinnzone.
  3. Das Unternehmen hat in der Vergangenheit Verluste erwirtschaftet: und es bestehen Aussichten, künftige Gewinne (teilweise) mit angesammelten Verlustvorträgen zu verrechnen.

Alle diese drei Fälle werden nachfolgend noch erläutert, zunächst soll aber eine Abgrenzung zu originären Steuerforderungen und -verbindlichkeiten vorgenommen werden.

Abgrenzung zu originären Steuerforderungen und -verbindlichkeiten

Nicht zu verwechseln mit den latenten Steuern sind die originären Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber der Finanzverwaltung. Im Jahresabschluss entstehen die z.B. aufgrund von Differenzen von Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen und tatsächlicher, erwarteter Steuerlast aus der Körperschaftsteuer.

Diese Art von Steuerforderung und -verbindlichkeit ist nicht latenter Natur im o.g. Sinn. Aus bewertungstechnischer Sicht haben diese Forderungen und Verbindlichkeiten den Charakter von Working Capital in Relation zur originären (nicht latenten) Steuerlast. Dieser Themenkomplex soll hier nicht weiter thematisiert werden, sondern wird in einem separaten Blog adressiert.

Steuern am Beispiel des DCF-Verfahrens für eine Kapitalgesellschaft

Das Standardverfahren der DCF sieht bzgl. der Behandlung der Besteuerung im Allgemeinen folgendes Vorgehen vor:

  • Persönliche Steuern der Anteilseigner: in der Regel nicht berücksichtigt unter Bezugnahme auf mittelbare Typisierung; dies ist nicht in allen Bewertungsanlässen sachgerecht, soll hier aber der Einfachheit halber unterstellt werden.
  • Unternehmenssteuern: Anwendung der gesetzlichen Steuersätze, d.h. Körperschaftsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag und Gewerbersteuer.
  • Tax-Shield: Berücksichtigung im Diskontierungszinssatz.
  • Verlustvorträge: Separate Bewertung unter Berücksichtigung der beschränkten Vortragsfähigkeit von Verlusten.
  • Originäre Steuerforderungen und -verbindlichkeiten: oft vernachlässigt, ggf. aber im Working Capital berücksichtigt.
  • Latente Steuerforderungen und -verbindlichkeiten ex Verlustvorträge: oft vernachlässigt, ggf. aber über die effektive Steuerbelastung berücksichtigt.

Für die Problematik „latente Steuern in der Unternehmensbewertung“ gibt es keine pauschale Lösung. Sowohl die Art und Weise der Berücksichtigung und als auch der Wertbeitrag hängen stark davon ab, welche Ursachen hinter bestehenden latenten Steuern stehen.

Wrapping It Up

Die Berücksichtigung latenter Steuern in der Unternehmensbewertung ist von entscheidender Bedeutung, obwohl sie oft übersehen wird. Unterschiedliche Arten von latenten Steuern – temporäre Differenzen und Verlustvorträge – können erhebliche Auswirkungen auf die Bewertung haben. Es ist wichtig, die spezifischen Umstände jedes Bewertungsfalls zu berücksichtigen und die relevanten steuerlichen Aspekte korrekt zu erfassen. Durch ein fundiertes Verständnis der latenten Steuern und ihrer Auswirkungen können genauere und realistischere Unternehmensbewertungen erzielt werden.

Was sind latente Steuern?
Wie entstehen latente Steuern?
Warum sind latente Steuern in der Unternehmensbewertung wichtig?
Was ist der Unterschied zwischen originären und latenten Steuerforderungen/-verbindlichkeiten?
Wie werden latente Steuern im DCF-Verfahren berücksichtigt?
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