Die Bewertung freiberuflicher Praxen, wie Arztpraxen, Architekturbüros oder Anwaltskanzleien, bleibt in gängigen Standards wie IDW S1 oder den IFRS unzureichend definiert. Jedoch hat der BGH klare Leitlinien für die Bewertung des Goodwills in solchen freiberuflichen Praxen entwickelt.
Die Bewertung einer freiberuflicher Praxis ist durch die Standardsetter nur unzureichend kodifiziert. Im IDW S1 oder auch nach den IFRS stellen diese keine relevanten Bewertungssubjekte dar. Jedoch ist die Bewertung einer Arztpraxis, eines Architekturbüros oder einer Rechtsanwalts- oder Steuerkanzlei durch einen Gutachten bzw. Steuerberater regelmäßig zu erstellen, da sie insbesondere bei Erwerben oder bei familienrechtlichen Streitigkeiten von den Parteien eingefordert wird.

Grundsätzliche Leitlinien dafür hat der BGH mit seinem Urteil vom 9. Februar 2011 gegeben: Danach ist der Firmenwert (Goodwill) einer freiberuflichen Praxis als immaterieller Vermögenswert grundsätzlich in den Zugewinnausgleich und damit in die Wertermittlung einzubeziehen. Bei der Bemessung eines solchen Goodwill ist im Rahmen der modifizierten Ertragswertmethode ein Unternehmerlohn abzusetzen, der sich an den individuellen Verhältnissen des Inhabers orientiert. Die Berücksichtigung eines Goodwills im Zugewinnausgleich verstößt nicht gegen das Doppelverwertungsverbot, weil er den am Stichtag vorhandenen immateriellen Vermögenswert unter Ausschluss der konkreten Arbeitsleistung des Inhabers betrifft, während der Unterhaltsanspruch auf der Arbeitsleistung des Inhabers und weiteren Vermögenserträgen beruht. Die stichtagsbezogene Bewertung einer Inhaberpraxis im Zugewinnausgleich setzt eine Verwertbarkeit der Praxis voraus. Deswegen sind bereits bei der stichtagsbezogenen Bewertung dieses Endvermögens latente Ertragssteuern abzusetzen, und zwar unabhängig davon, ob eine Veräußerung tatsächlich beabsichtigt ist.