Der IDW Standard 13 (IDW S 13) spielt eine entscheidende Rolle in der Bewertungspraxis für Ausgleichsansprüche in vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen im Familien- und Erbrecht. Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung des IDW S 13, seine Einbettung in rechtliche Regelungen und seine Konkretisierung des IDW S 1.
Besonderheit Nr.1: Zwei Bewertungsstichtage
Eine Besonderheit bei der Ermittlung des Unternehmenswerts für Zwecke des Familien- und Erbrechts besteht darin, dass es häufig zwei Bewertungsstichtage gibt, da im Rahmen von familienrechtlichen Auseinandersetzungen Wertermittlungen für das Anfangsvermögen und das Endvermögen zu ermitteln sind. Inwieweit das Anfangsvermögen und das Endvermögen für den konkreten Bewertungsfall tatsächlich relevant sind, ist davon abhängig, zu welchen Zeitpunkten eine Beteiligung am zu bewertenden Unternehmen bestand.
Aus Sicht des Bewerters gilt es dabei zu beachten, sich in den Informationsstand zu diesen beiden Zeitpunkten hineinzuversetzen. Zwischenzeitlich eingetretene Ereignisse und Erkenntnisse sind nicht maßgeblich.

Dies fällt erfahrungsgemäß dann besonders schwer, wenn die wahrscheinliche Entwicklung zum Stichtag des Anfangsvermögens und die tatsächlich eingetretene Entwicklung deutlich auseinanderfallen. Im IDW S13 wird daher explizit auf die Gefahr eines Rückschaufehlers hingewiesen.
Erschwerend kann der Umstand hinzukommen, dass für den Stichtag des Anfangsvermögens relevante Unterlagen, z. B. aufgrund einer stattgefundenen Liquidation, überhaupt nicht mehr vorhanden sind. Oftmals sind zum Zeitpunkt der Durchführung der Bewertung auch gesetzliche Aufbewahrungsfristen abgelaufen, sodass keine Unterlagen mehr vorliegen, die der Bewertung zugrunde gelegt werden können.
Besonderheit Nr.2: Methodenstetigkeit bei Bewertung von Anfangs- und Endvermögen
Nach IDW S 13 sind das Anfangs- und Endvermögen nach denselben Grundsätzen zu bewerten. Maßgeblich sind in diesem Zusammenhang die zum Zeitpunkt der Durchführung der Bewertung in der Theorie und Praxis anerkannten Bewertungsgrundsätze. Eine Durchbrechung dieses Grundsatzes ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn eine Bewertung zum Stichtag des Anfangsvermögens weniger fundiert möglich ist als zum Stichtag des Endvermögens, z.B. aufgrund einer schlechteren Datenlage bei den Bewertungsparameter, oder zu diesem Stichtag bereits Bewertung mittels anderer Methodik vorliegen.
Besonderheit Nr.3: Häufig schlecht verfügbare Informationen über das zu bewertende Unternehmen
Die Ausführungen des IDW S 13 im Zusammenhang mit den verfügbaren Informationen über das Bewertungsobjekt zeigen, wie unsicher die Bewertung eines Unternehmens zum Stichtag des Anfangsvermögens sein kann. Demnach können die Informationsmöglichkeiten aus verschiedenen Gründen bestehen.
Hierzu zählen:
- Aussagefähige Unterlagen liegen wegen des großen Zeitraums zwischen Bewertungsstichtag und Durchführung der Bewertung nicht mehr vor.
- Die wesentliche Auskunftsperson ist ein von dem Bewertungsergebnis Betroffener.
- Aus rechtlichen Gründen kann ein Zugriff auf Unterlagen des Unternehmens nicht möglich sein.
Der Umstand fehlender Informationen wird in der Bewertungspraxis regelmäßig vorkommen. In den Fällen fehlender Unterlagen und Informationen liegt es in der Verantwortung des Bewerters, möglichst realitätsnahe Prämissen zu treffen und im Bewertungsgutachten auf die bestehende Unsicherheit des Bewertungsergebnisses aufgrund von Informationsmängeln hinzuweisen.
Besonderheit Nr.4: Ermittlung der übertragbaren Ertragskraft notwendig
Mit der Berücksichtigung der IDW Praxishinweise 1/2014 bekräftigt der FAUB, dass bei der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts nur auf die im Unternehmen vorhandene, übertragbare Ertragskraft abzustellen ist. Das IDW unterscheidet dabei zwischen vollständig übertragbarer und partiell oder temporär übertragbarer Ertragskraft.
Der Standard IDW S 1 geht davon aus, dass das Management keinen signifikanten wertrelevanten Einfluss auf die Ertragskraft des Unternehmens hat, die vorhandene Ertragskraft des Bewertungsobjekts also auch mit einem anderen Geschäftsführer aufrechterhalten werden kann und immer vollständig übertragbar ist. Diese Annahme der vollständigen Übertragbarkeit der Ertragskraft kann bei KMU nicht regelmäßig unterstellt werden. Sofern das Management des zu bewertenden Unternehmens, zum Beispiel aufgrund von individuellen Fähigkeiten oder persönlichen Kontakten zu Kunden, maßgeblich zum Unternehmenserfolg beigetragen hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein fremder Dritter als Geschäftsführer in gleichem Maße zum Erfolg des Unternehmens beitragen kann. Die Erträge des Bewertungsobjekts sind dann im Rahmen der Bewertung im Zeitablauf ggf. abzuschmelzen.
Besonderheit Nr.5: Bestimmung eines kalkulatorischen Unternehmerlohns
Gerade bei eigentümergeführten kleinen und mittleren Unternehmen in Form einer Personengesellschaft gewinnt das Thema angemessener Unternehmerlohn häufig eine besondere Bedeutung für die Bewertung, da die Übereinstimmung von Eigentümer und Geschäftsführung häufig zu Verschiebungen zwischen fremdvergleichsfähiger Geschäftsführervergütung und Gesellschaftervergütung führt. Sowohl „Unter- als auch Überbezahlung“ in wertrelevanter Größenordnung ist hier möglich.
Unter Umständen kann sachgerecht sein, bei der Festsetzung des kalkulatorischen Unternehmerlohns nicht von einer marktüblichen Vergütung auszugehen, sondern bei der Ermittlung des Zugewinnausgleichsanspruchs den im Einzelfall konkret gerechtfertigten individuellen Unternehmerlohn anzusetzen, der die Umstände des Bewertungsobjekts berücksichtigt.