Inhaltsverzeichnis
- Definition des Beta-Faktors
- Der Beta-Faktor und das systematische Risiko im CAPM
- Die CAPM-Formel zur Berechnung des Beta-Faktors
- Der Beta-Faktor für die Unternehmensbewertung
- Die Interpretation des Beta-Faktors
- Beta-Faktoren nach Branchen
- Unlevered und Relevered Beta
- Raw Beta vs. Adjusted Beta
- Der Total-Beta-Ansatz
- Börsennotierte Peer Group
- Debt Beta beim unlevern und relevern
Definition des Beta-Faktors
Der Beta-Faktor ist als eine entscheidende Kennzahl in der Finanzwissenschaft und der Kapitalmarkttheorie definiert. Er bewertet das systematische Risiko für den Risikoträger bei einer Geldanlage oder Investition. Dieses Maß quantifiziert das systematische Risiko einer Aktie oder eines Portfolios. Dabei wird die Empfindlichkeit der Renditen des Wertpapiers mit den Schwankungen des Gesamtmarktes gemessen.In der Unternehmensbewertung ist der Betafaktor bei der Ermittlung von Kapitalkosten und Kapitalisierungszinssätzen relevant.
Der Beta-Faktor und das systematische Risiko
Im Kontext des CAPM stellt der Beta-Faktor das Risikomaß für das sog. systematische Risiko dar. Darunter ist jener Anteil der Schwankung einer Aktienrendite zu verstehen, der auch innerhalb eines voll diversifizierten Aktienportfolios nicht eliminiert werden kann. Risikoaverse Investoren erwarten für diesen Teil des Risikos eine Kompensation in Form einer Prämie. Gemessen wird dieses Risiko durch die normierte Kovarianz von Aktienrendite und Marktrendite, d.h. dem Grad des Gleichlaufs der Schwankung der Aktienrendite und der Gesamtmarktrendite. Ein höherer Beta-Wert bedeutet in der Regel ein höheres systematisches Risiko und eine höhere erwartete Rendite.
Die CAPM-Formel zur Berechnung des Beta-Faktors
Eine der Kernaussagen des CAPM ist die sog. Security Market Line. Diese besagt, dass die erwartete Rendite einer Kapitalanlage der Summe aus risikolosem Zins und einer Risikoprämie entspricht. Die Risikoprämie selbst ist das Produkt aus der Marktrisikoprämie und dem Beta-Faktor. Um den Beta-Faktor zu berechnen und die Security Market Line zu bestimmen, ist folgende CAPM-Formel anzuwenden:

CAPM-Formel zur Berechnung des Beta-Faktors
(Einfach und rechtssicher bestimmen Unternehmensbewerter den Beta-Faktor mit dem Beta-Faktor-Modul von SmartZebra.)
Die Zusammensetzung einer erwarteten Rendite als Summe aus risikolosem Zins und Risikoprämie gilt als typisch in der Kapitalmarkttheorie. Im Gegensatz zu anderen Ansätzen (z.B. der Arbitrage Pricing Theory ) ist die CAPM Gleichung jedoch vergleichsweise spezifisch und benennt alle Komponenten explizit.
Diese vergleichsweise einfache Formel zur Ermittlung der erwarteten Rendite einer Kapitalanlage hat einige wichtige Implikationen, deren Verständnis die Arbeit mit dem Beta-Faktor und dem CAPM erleichtern:
- Die Risikoprämie kann als Produkt aus Preis mal Menge verstanden werden. Der Preis des Risikos ist die Marktrisikoprämie. Die Menge des Risiko wird durch den Beta-Faktor erfasst.
- Es gibt mit dem Beta-Faktor nur einen einzigen wertrelevanten Parameter, der unternehmensspezifisch ist. Die übrigen Parameter sind sog. Marktparameter.
- Das Risiko einer Kapitalanlage bemisst sich nicht in der gesamten Streuungsbreite der künftigen Mittelflüsse. Relevant ist nur der Teil der Streuung der Rendite, der mit der Streuung der Marktrendite korreliert ist. Unternehmen mit der gleichen Streubreite haben unterschiedliche erwartete Renditen, wenn sich ihre Korrelation mit dem Gesamtmarkt unterscheidet.
Der Beta-Faktor für die Unternehmensbewertung
Warum ist die Grundgleichung der Security Market Line als eines der wichtigsten Ergebnisse des CAPM geeignet für die Unternehmensbewertung? Die erwartete Eigenkapitalrendite auf Basis des CAPM eignet sich aus zwei Gründen für die Unternehmensbewertung.
Sie beinhaltet zum einen eine theoretisch fundierte Risikomessung. Der Beta-Koeffizient ist zunächsteinmal nur der Regressionskoeffizient einer einfachen lineare Regression. Erst das Theoriegebäude des CAPM gibt dem Beta-Faktor einen finanzierungstheoretischen Gehalt als Risikomaß für ein bepreistes, systematisches Risiko.
Zum anderen beschreibt die Renditegleichung der Security Market Line eine erwartete Rendite. Sie stellt eine Relation vom künftigen Mittelfluss aus einer Kapitalanlage und heutigen Preis dieser Kapitalanlage her. Somit ist die Gleichung geeignet, zukünftige Erträge zu diskontieren, z.B. durch die Anwendung im DCF- oder Ertragswertverfahren.
Abseits aller durchaus vorhandenen theoretischen und empirischen Kritikpunkte, beschreibt das CAPM mit dem Beta-Faktor somit einen Parameter, der dem subjektiven Einfluss des Bewerters vergleichsweise wenig Spielraum lässt, wie dies bei pauschalen Zuschlagssätzen o.ä. der Fall ist.
Die Interpretation des Beta-Faktors
Die Wirkung des Beta-Faktors lässt sich gut anhand der grafischen Darstellung der Security Market Line beschreiben. Hat ein Unternehmen einen Beta-Faktor von 1,0 bedeutet dies: Steigt der gesamte Aktienmarkt um 10 %, gemessen mittels eines breiten Marktindex, dann steigt auch der Aktienkurs des betreffenden Unternehmens um 10 %. Das betreffende Unternehmen hat das gleiche Risiko wie der Gesamtmarkt. Demzufolge darf auch eine Rendite in Höhe der Marktrendite erwartet werden. In der Beispielgrafik sind dies 8,0 %.

Grafischen Darstellung der Security Market Line
Hat ein Unternehmen einen Beta-Faktor von 0,3 (Punkt A) bedeutet dies: Steigt der Aktienmarkt um 10 %, dann steigt der Aktienkurs des betreffenden Unternehmens nur um 3 %. Für Wertrückgänge des Aktienindex gilt dieselbe Relation, der Aktienkurs ist gemessen am Gesamtmarkt vergleichsweise stabil. Damit einher geht im Rahmen des CAPM eine risikodämpfende Wirkung aus Sicht der Anleger und eine Renditeerwartung, die unterhalb der erwarteten Marktrendite liegt. In der Beispielgrafik entspricht dies einer Renditeerwartung von 3,0 %.
Hat ein Unternehmen einen Beta-Faktor von 2,0 (Punkt B) bedeutet dies: Steigt der Aktienmarkt um 10 %, dann steigt der Aktienkurs des betreffenden Unternehmens um 20 %. Für Wertrückgänge des Aktienindex gilt dieselbe Relation, das Unternehmen ist gemessen am Gesamtmarkt vergleichsweise volatil. Im Kontext des CAPM führt dies zu einer Erhöhung des Risikos aus Sicht des Anlegers und einer Erwartung einer Rendite, die über der erwarteten Rendite des Marktes liegt. In der Beispielgrafik entspricht dies einer Renditeerwartung von 15,0 %.
Grundsätzlich ist auch ein negatives Beta denkbar. Immer dann, wenn eine Aktie sich gegenläufig zum Gesamtmarkt bewegt, liegt eine negative Korrelation und damit ein negatives Beta vor. Aktien, die diese Eigenschaft mittel- und langfristig besitzen, sind selten. Ihnen wird eine besonders gute Diversifikationskraft zugeschrieben. Im Sinne des CAPM reicht einem volldiversifizierten Anleger in diesem Fall sogar eine Rendite, die unterhalb der risikofreien Verzinsung liegt.
Beta-Faktoren nach Branchen
Die Beta-Faktoren können sich je nach Branche stark voneinander unterscheiden. Sie hängen von branchenspezifischen Risiken und Schwankungen ab. Allerdings sind noch weitere Faktoren wie Größe des Unternehmens, Marktkapitalisierung, Verschuldung und spezifische Risiken zu berücksichtigen.
Als volatil gelten Sektoren wie die Technologie- oder die Energiebranche. Sie weisen daher tendenziell höhere Beta-Faktoren als andere Sektoren. Als defensiv werden Sparten wie das Gesundheitswesen, Konsumgüter oder Versorgung betrachtet. Diese neigen tendenziell eher zu niedrigen Beta-Faktoren als andere Branchen.

Beta-Faktoren nach Branchen im zeitlichen Verlauf, 2020, 2021 und 2022 auf der Datenbasis von Smart Zebra zum jeweiligen Stichtag 31.12.
Unlevered und Relevered Beta
Das Beta ist ein Maß für das systematische Risiko eines Unternehmens. Dieses entsteht originär durch den operativen Geschäftsbetrieb einer Firma und wird maßgeblich durch die Branchencharakteristik und deren konjunkturelle Dynamik geprägt.
Neben dem operativen Geschäftsrisiko ist das finanzwirtschaftliche Risiko, gemessen durch den Verschuldungsgrad, der zweite wichtige Einflussfaktor auf die Höhe des Beta-Faktors. Je höher der Anteil der (erfolgsunabhängigen) Zinsbelastung, desto stärker schwankt das Residuum, sprich der Gewinn der Gesellschafter. Um das Risiko im Rahmen einer Unternehmensbewertung also korrekt zu berücksichtigen, ist eine Anpassung des Beta-Faktors an den Verschuldungsgrad erforderlich.
In der Bewertungspraxis geht man dazu in der Regel folgendermaßen vor. Mangels einer häufig nicht vorliegenden Börsennotierung des Bewertungsobjektes wird zunächst eine Gruppe an Vergleichsunternehmen gebildet. Für diese wird das sog. Raw Beta empirisch erhoben. In der Folge wird für jedes Vergleichsunternehmen das Raw Beta um den Verschuldungseinfluss bereinigt, dem sog. Unlevern.
Abschließend wird das häufig über die Vergleichsunternehmen gemittelte unlevered Beta mit dem Verschuldungsgrad des Bewertungsobjektes Relevered.
Diese Ausführungen verdeutlichen, dass die Höhe des Beta-Faktors ganz maßgeblich vom Verschuldungsgrad beeinflusst wird. Bereits bei einem Verschuldungsrad von 100%, d.h. bei gleichen Teilen von Eigen- und Fremdkapital, unterscheiden sich unlevered und levered Beta gravierend.
Raw Beta vs. Adjusted Beta
Im Kontext des CAPM stellt der Beta-Faktor ein Maß für das künftig erwartete, systematische Risiko einer Kapitalanlage dar. Mangels besserer Alternativen wird der Beta-Faktor in der Bewertungspraxis aus historischen Daten ermittelt. Dies ist methodisch unproblematisch, wenn die aktuellen Daten einen hinreichend guten Schätzwert für den erwarteten zukünftigen Wert darstellen.
Dies ist keineswegs gegeben. Unternehmen unterliegen ebenso wie ihre Produkte und ihren Märkten einem Lebenszyklus. Hoch riskante Aktien werden im Laufe der Zeit und mit zunehmendem Reifegrad der Branche zu stabilen Werten. Niemand würde die Aktie von Facebook oder Google heute als außerordentlich volatil einordnen. Auch die Deutsche Telekom AG – zum Zeitpunkt des Börsengang ein durchaus riskantes Unternehmen – dürfte heute als äußerst stabiles Unternehmen betrachtet werden. Dieses Wandlungspotential einer Aktie besteht nicht nur im langfristigen Kontext, sondern auch mittel- und kurzfristig.
Immer dann, wenn das historisch gemessene Beta ein schlechter Schätzwert für das erwartete Beta ist, sollte der Bewerter über die Verwendung eines sog. adjusted Beta nachdenken. Der einfachste Fall ist das sog. Blume-Adjustment. Das empirisch beobachtbare Beta wird in das adjusted Beta mittels der folgenden Formel umgerechnet:
Lesen Sie hier mehr zum Thema: Raw Beta vs. Adjusted Beta
Der Total-Beta-Ansatz
Das Capital Asset Pricing Model (CAPM) basiert auf der Annahme, dass Investoren risikoavers investieren. In Verbindung mit einigen Anforderungen an die Vollständigkeit des Kapitalmarktes leiten Sharpe, Lintner & Mossin in den 60er Jahren ab, dass Kapitalmarktteilnehmer grundsätzlich dem Prinzip der Risikodiversifikation folgen, welche sich den Renditeerwartungen der Investitionen widerspiegelt und letztlich im Beta-Faktor ihren Ausdruck findet. Wie aber sind nicht börsennotierte, kleine und mittlere Unternehmen zu bewerten? Ist der Total-Beta-Ansatz eine elegante Lösung für die Bewertung von KMU?
Lesen Sie hier mehr zum Thema: Ist Total Beta eine Alternative in der KMU-Bewertung?
Börsennotierte Peer Group
Kaum ein Argument wird im Rahmen der Bestimmung des Beta-Faktors so häufig ins Feld geführt wie das der fehlenden Vergleichbarkeit des Bewertungsobjekts mit anderen börsennotierten Unternehmen. Beinahe genauso oft aber ist dieses Argument fehlgeleitet. Ganz im Gegenteil, nur in den seltensten Fällen gelingt es, Unternehmen zu finden, die exakt den gleichen Produktmix im gleichen Markt mit dem gleichen Kundenportfolio mit der gleichen Produktionstechnologie und die gleiche Mitarbeiterqualifikation bei gleichen tariflichen Rahmenbedingungen haben.
Diese Liste wichtiger Einflussfaktoren ließe sich beliebig fortführen. Sie soll lediglich verdeutlichen, dass es viele Einflussfaktoren für den Unternehmenserfolg gibt, die sich letztlich alle im Beta-Faktor widerspiegeln. Die Kapitalmarkttheorie, d.h. das CAPM, gibt keinen direkten Anhaltspunkt, welche konkreten Einflussfaktoren das Beta eines Unternehmens definieren. Das Beta ist vielmehr das Resultat der Risikoerwartungen der Marktteilnehmer. Dieser Blickwinkel sollte als Ausgangspunkt dienen, wenn sich die Suche nach vergleichbaren Unternehmen als schwierig erweist.
Lesen Sie hier mehr zum Thema: Beta-Faktor auf Basis einer börsennotierten Peer-Group
Debt Beta beim Unlevern und Relevern
Vor dem Hintergrund des Praxishinweises des IDW 2/2018 wird die Verwendung eines Debt Betas im Rahmen des Unlevern und Relevern des Beta-Faktors vermehrt diskutiert. Ursächlich für die Verwendung des Debt Betas ist, dass Fremdkapitalgeber bei nicht ausfallsicherem Fremdkapital einen Teil des operativen Geschäftsrisikos implizit übernehmen und die Eigenkapitalgeber dadurch entlastet werden.
Lesen Sie hier mehr zum Thema: Das Debt Beta in der Unternehmensbewertung
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