Expertenwissen Diskontierungszinssatz

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Inhaltsverzeichnis
  • Was ist der Diskontierungszinssatz?
  • Kapitalkosten als erwartete Rendite
  • Erwartete Rendite als Diskontierungszinssatz
  • Opportunitätskosten einfach erklärt
  • Methode zur Berechnung des Diskontierungszinssatzes
  • Vorgaben der Standardsetter IDW / IASB
  • Kapitalkosten in der Unternehmensbewertung
  • Eigenkapitalkosten im CAPM berechnen
  • Die Eigenkapitalrentabilität und ihre Interpretation
  • Eigenkapitalrisikoprämie
  • Peer Group
  • Marktrisikoprämie
  • Fremdkapitalkosten berechnen

Was ist der Diskontierungszinssatz?

Im Kontext einer Unternehmensbewertung mittels des DCF-Verfahrens oder der Ertragswertmethode dient der Diskontierungszinssatz dazu, zukünftigen Erträgen oder Zahlungsströmen einem Gegenwartswert zuzuordnen. Der Diskontierungssatz wird demnach zur Berechnung des Barwerts zukünftiger Zahlungen verwendet, wobei zukünftige Zahlungen auf den heutigen Wert abgezinst werden. Dabei werden u. a. Devisenschwankungen, das aktuelle Zinsniveau, das Risiko der Zahlungen und die Erwartungen an die zukünftige Inflation berücksichtigt. Im Allgemeinen gilt: Je höher der Diskontierungszinssatz, desto geringer ist der Barwert zukünftiger Zahlungen und umgekehrt. Dieser Beitrag geht zum einen auf die zu Grunde liegenden theoretischen Konzepte ein. Zudem werden die wichtigsten Aspekte zur Bestimmung der Kapitalkosten aus der Praxis der Unternehmensbewertung angesprochen.

Kapitalkosten als erwartete Rendite

Vielen Unternehmensbewertern ist der Begriff der Kapitalkosten geläufig, daher wird der Terminus im Folgenden nur  kurz umrissen und auf die theoretischen Grundlagen eingegangen.

Eigenkapitalkosten umfassen Dividendenzahlungen und Wertsteigerungen einer Akienanlage, Fremdkapitalkosten beinhalten dagegen  die Zinszahlungen, diesbezüglich besteht in der Regel Einvernehmen unter den Anwendern. Weniger klar ist häufig die Antwort auf die Frage nach der Perspektive. Sind Kapitalkosten die in der Vergangenheit erzielten tatsächlichen Renditen oder sind es die zwischen Investoren und Unternehmen vereinbarten Renditen?

Zukunftsgerichtet und aus dem Blickwinkel eines rationalen Investors sind Kapitalkosten weder das eine noch das andere. Kapitalkosten sind die erwartete Renditen einer Kapitalanlage unter Berücksichtigung der vereinbarten Konditionen und unter Abwägung der Chancen und Risiken der Kapitalanlage.

Erwartete Rendite als Diskontierungszinssatz

Die Kapitalkosten sind aber gerade durch diese Interpretation als Renditeerwartung gut geeignet als Diskontierungszinssatz in der DCF-Bewertung, als Bewertungszinssatz in Impairmenttests oder als Entscheidungskriterium in Wirtschaftlichkeitsrechnungen. Kapitalkosten als erwartete Rendite sind die Opportunitätskosten der nächstbesten Anlage des investierten Kapitals.

Opportunitätskosten einfach erklärt

Opportunitätskosten sind die Kosten der Alternativen, die bei einer wirtschaftlichen Entscheidung nicht getroffen werden. Sie stehen für den verlorenen Nutzen (oder Ertrag) und unterstützen den Prozess der Entscheidungsfindung.

Methode zur Berechnung des Diskontierungszinssatzes

Die Ermittlung der Kapitalkosten als Renditeerwartung basiert methodisch auf der Portfoliotheorie, einem Teilgebiet der Kapitalmarkttheorie. Die moderne Portfoliotheorie wurde durch die Arbeiten von Harry M. Markowitz (1952) begründet. Darin werden bestimmte Annahmen an das Investitionsverhalten von Kapitalanlegern, insbesondere deren Risikoaversion, beschrieben. Für ein optimales Verhältnis von Rendite und Risiko ist demnach die zentrale Empfehlung an den Anleger, die Kapitalanlagen zu diversifizieren

In den Folgejahren wurde die anlegerorientierte Perspektive Markowitz‘ in ein Marktgleichgewichtsmodell überführt, dem Capital Asset Pricing Model (1962, William F. Sharpe, John Lintner und Jan Mossin). Das CAPM bot die Möglichkeit zur Erklärung der erwarteten Rendite von Wertpapieren.

Preis- und renditerelevante Risiken, sog. systematische Risiken, und preis-irrelevante Risiken, sog. unsystematische Risiken, wurden erstmals unterschieden. Einen weniger annahmelastigen und zugleich intuitiven Ansatz verfolgte die Arbitrage Pricing Theorie (1962, Stephen Ross). Anstelle eines zentralen Risiko-Faktors, wie etwa einem Marktindex, postuliert die Arbitage Pricing Theorie mehrere, wenngleich unspezifizierte Faktoren, um die Renditeerwartung am Kapitalmarkt zu beschreiben.

In der Bewertungspraxis hat sich letztlich das CAPM bzw. das Tax-CAPM als das Standard-Modell für die Ermittlung von Kapitalkosten durchgesetzt. Vielen Unternehmensbewertern ist die Anwendung geläufig und die erforderlichen Parameter sind mit vertretbarem Aufwand erhebbar.

Vorgaben der Standardsetter IDW / IASB

Mit der erstmaligen Verabschiedung des Standards zur Unternehmensbewertung (IDW S1) im Jahr 2000 hat das IDW die bis dahin geltende Stellungnahme HFA 2/1993 abgelöst und die Ermittlung der Kapitalkosten auf Basis des CAPM für den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer verbindlich vorgegeben. Dies wurde durch die Überarbeitung des IDW S1 im Jahr 2008 weiter spezifiziert.

Weiter haben die Kapitalkosten über die Vorgaben des IASB (Standardsetter IFRS) und nicht zuletzt durch die Entscheidungen des BGH (Bundesgerichtshofs) Einzug in die Vorgaben zur Rechnungslegung und in die Rechtssprechung gefunden, u.a. für die Bewertung von Unternehmen und Unternehmenszusammenschlüssen.

Auch der IDW-Entwurf zur Berücksichtigung der Besonderheiten bei der Unternehmensbewertung zur Bestimmung von Ansprüchen im Familien- und Erbrecht schreibt grundsätzlich die Anwendung des Tax-CAPM vor (vgl. dazu IDW S 13).

Kapitalkosten in der Unternehmensbewertung

Für die Bewertung eines Unternehmens sind die künftigen finanziellen Zahlungsüberschüsse mit einem geeigneten Zinssatz auf den Bewertungsstichtag zu diskontieren. Der verwendete Kapitalisierungszinssatz entspricht der erwarteten Rendite einer im Vergleich zum Bewertungsobjekt adäquaten alternativen Kapitalverwendung. Er gibt demnach an, welche Mindestverzinsung erzielt werden muss, um nicht schlechter dazustehen als bei einer Investition in die nächstbeste Alternative.

Als Alternativanlage für Eigen- und Fremdkapitalgebern bietet sich grundsätzlich eine Anlage am Kapitalmarkt an. Diese steht allen potentiellen Kapitalgebern zur Verfügung. Die Preisinformationen der Kapitalmärkte zeichnen sich zudem durch ein hohes Maß an Transparenz aus. Sie gewährleisten eine bestmögliche Abstimmung der ausgewählten Alternativanlage auf den Charakter des Bewertungsobjekts hinsichtlich Fristigkeit, Risiko und Besteuerung.

Zugleich wird damit aber deutlich, dass zu bewertende Zahlungsmittelüberschüsse und Diskontierungszinssatz methodisch zu einander passen müssen. Rückflüsse an Eigenkapitalgeber bedürfen einer Diskontierung zu Eigenkapitalkosten. Zahlungsmittelüberschüsse, die allen Kapitalgeber zur Verfügung stehen, sind mit einem Gesamtkapitalkostensatz abzuzinsen.

Nachfolgend und in Übereinstimmung mit der Bewertungspraxis wird durchgehend auf den WACC-Ansatz, einem Gesamtkapitalkostenansatz, referenziert. In der Bewertungstheorie und auch in den Vorgaben des IDW (vgl. Tz. 136 – 139) gibt es weitere alternative Kapitalisierungskonzepte. Letztlich hat sich das WACC-Konzept aber als die praktikabelste Methode erwiesen.

Kapitalkosten im WACC

Eigenkapitalkosten im CAPM berechnen

Die Eigenkapitalkosten, auch Eigenkapitalrendite genannt, geben an, welche Rendite ein Unternehmen seinen Eigenkapitalgebern zur Verfügung stellen muss, um ihr investiertes Kapital angemessen zu vergüten.

In der Kapitalmarkttheorie ist es üblich, die erwartete Rendite einer Aktienanlage als Summe aus einer risikofreien Kapitalanlage und einer Prämie für die eingegangene unternehmerische Unsicherheit dazustellen. Die Übernahme dieser Unsicherheit und der damit verbundenen Chancen und Risiken lassen sich Anleger in Form einer Risikoprämie diskontieren. Diese asymmetrische Behandlung von Chance und Risiken ist in Theorie und Praxis allgemein akzeptiert und entspringt der Risikoaversion der Anleger.

Das am häufigsten verwendete Modell zur Erklärung der Eigenkapitalkosten und der Risikoprämie für die Übernahme unternehmerischer Risiken ist das Capital Asset Pricing Model (CAPM). Auch wenn das CAPM bei Theoretikern und Praktikern nicht unumstritten ist, gilt es als das Standard-Modell zur Ermittlung der Eigenkapitalrendite. Im IDW S1 wird zur Ermittlung der Eigenkapitalkosten explizit auf das CAPM verwiesen (vgl. Tz. IDW S1 118 ff.).

Dieser Ansatz verwendet die folgende Formel zur Berechnung der Eigenkapitalkosten:

Berechnung der Eigenkapitalkosten im CAPM

Hierbei steht der risikofreie Zinssatz für den Zinssatz einer risikofreien Anlage, z. B. Staatsanleihen. Das Beta-Maß gibt an, wie stark die Aktienkurse des Unternehmens auf Schwankungen des gesamten Marktes reagieren. Eine Beta-Zahl von 1 bedeutet, dass die Aktien des Unternehmens genauso unbeständig sind wie der Gesamtmarkt. Eine Zahl größer als 1 weist darauf hin, dass das Unternehmen solider dasteht als der Gesamtmarkt.

Der Marktzins ist der erwartete Renditebetrag, den Anleger von der Investition in den Gesamtmarkt erwarten. Für die Ermittlung der Eigenkapitalkosten ist es daher unerlässlich, den risikofreien Zinssatz, das Beta-Maß und den Marktzins zu kennen. Diese Werte können jedoch Schwankungen unterliegen und müssen für eine präzisere Berechnung regelmäßig aktualisiert werden. Mit dem SmartZebra Valuation Pro Modul ermitteln Unternehmensbewerter alle benötigten Parameter.

Die Eigenkapitalrentabilität und ihre Interpretation 

Die Eigenkapitalrentabilität (auch Eigenkapitalrendite genannt) ermittelt, wie viel Gewinn ein Unternehmen im Verhältnis zum eingesetzten Eigenkapital erwirtschaftet.

Die Interpretation der Eigenkapitalrentabilität hängt von der Branche des Unternehmens und dem aktuellen Wirtschaftsklima ab. Im Allgemeinen ist eine höhere Eigenkapitalrentabilität besser als eine niedrigere. Schließlich zeigt sie, dass das Unternehmen erfolgreich und in der Lage ist, eine angemessene Rendite für seine Investoren zu erwirtschaften.

Eine niedrige Eigenkapitalrentabilität kann jedoch auch positive Gründe haben, wenn das Unternehmen z. B. langfristig in eine Wachstumsstrategie investiert und dafür höhere Kosten und niedrigere Gewinne in Kauf nimmt.

Eigenkapitalrisikoprämie

Die Eigenkapitalrendite entspricht dem Standard-CAPM zufolge der risikolosen Verzinsung zuzüglich der Eigenkapitalrisikoprämie. Letztere ist das Produkt aus dem Beta-Faktor und der Marktrisikoprämie. Dabei ist der Beta-Faktor ein unternehmensspezifisches Maß für die Risikomenge, während die Marktrisikoprämie dem am Kapitalmarkt „gehandelten Preis“ des Risikos übereinstimmt.

Peer Group

Manchmal stehen für Zwecke der Bestimmung der Kapitalkosten eines Unternehmens keine Kapitalmarktdaten zur Verfügung. Dies kommt wegen einer fehlenden Börsennotierung regelmäßig vor. Hier kann alternativ auf die gewichteten Beta-Faktoren einer Vergleichsgruppe bzw. Peer Group zurückgegriffen werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die in der Peer Group enthaltenen Unternehmen in Bezug auf ihr systematisches Risiko mit dem zu bewertenden Unternehmen vergleichbar sind.

„Systematische Vergleichbarkeit“ bezüglich der Auswahl geeigneter Vergleichsunternehmen bedeutet grundsätzlich ein Vergleich mit Unternehmen der gleichen Branche bzw. Unternehmen mit ähnlicher Produkt- oder Marktstruktur. Eine absolute Deckungsgleichheit der Unternehmen wird es in der Regel nicht geben, dies ist methodisch aber auch nicht notwendig. Wesentlich ist letztlich, dass die ausgewählten Unternehmen eine dem Zielunternehmen ähnliche konjunkturelle und gesamtwirtschaftliche Zyklizität der Geschäftsaktivität und der Gewinn- und Cashflow-Generierung aufweisen.

Marktrisikoprämie

Die Marktrisikoprämie stellt die Differenz zwischen der erwarteten Rendite eines mit dem Gesamtmarkt vergleichbaren Aktienportfolios und einer risikofreien Anlage dar. Dazu hat es neuere Untersuchungen und Veröffentlichungen des FAUB (Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft des IDW – Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V.) im September 2012 gegeben. Diese führen zu neuen Empfehlungen, auch angesichts der durch die Finanzmarktkrise veränderten Risikotoleranz: Demnach wird für die sachgerechte Bemessung der Marktrisikoprämien unter Anwendung des CAPM geraten, sich an einer Bandbreite von 5,50% bis 7,00% zu orientieren. Bei der Anwendung  des Tax-CAPM gilt eine Bandbreite von 5,0% bis 6,0%.

Fremdkapitalkosten berechnen

Um die Fremdkapitalkosten zu berechnen, wird in der Regel ebenfalls auf das Konzept der Alternativanlage zurückgegriffen. Gemäß der Berechnung der Eigenkapitalkosten wird die erwartete Rendite der Fremdkapitalgeber additiv als Summe aus der risikolosen Verzinsung und einer dem Verschuldungsgrad des Unternehmens angemessenen Risikoprämie für die Fremdkapitalgeber ermittelt.

Der risikoloser Zinssatz wird in Übereinstimmung mit der Ableitung des risikolosen Zinssatzes für die Ermittlung der Eigenkapitalkosten festgelegt. Der Kreditaufschlag wird regelmäßig aus der Bonitätseinstufung und dem Kreditaufschlag von vergleichbaren börsennotierten Anleihen / Emittenten abgeleitet. Hierzu werden gehandelte Kreditaufschläge, gemessen als Differenz aus Umlaufrendite und risikoloser Verzinsung, den Ratingklassen AAA, AA, A, BBB, BB, B und C zugeordnet und gemittelt.

Entsprechende Daten zu Kreditaufschlägen für marktübliche Darlehenszinsen liefert das SmartZebra Credit Spreads Pro Modul:

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Peter Schmitz bringt 20 Jahre Erfahrung in den Bereichen Corporate Finance und Valuation ein, zuletzt als Leiter Kompetenzzentrum „Unternehmensbewertung“ in der Konzernleitung der Deutschen Bahn und Partner der SMART GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

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